Wie alles begann

Alles begann damit, dass ich lesen lernte. Im Alter von sieben Jahren war ich schon versessen auf Bücher, Bücher, Bücher. Zum Geburtstag bekam ich: Ruta, die Schäferhündin, ein Buch von derselben Autorin, die auch „ Der schwarze Hengst Bento“ geschrieben hatte. Diese Geschichte einer Schäferhündin, geboren in der Lüneburger Heide bei einem Schäfer, und ihrer Freundschaft mit einem kleinen Jungen, hat mich mit ihren Abenteuern in ihren Bann gezogen. So einen treuen Hund wollte ich auch haben. Leider war meine Mutter davon jedoch nicht zu überzeugen. Hunde waren nicht wirklich ihr Ding. Meins aber schon. Und so musste die Schäferhündin unserer Nachbarn, die leider Blanka hieß und nicht Ruta, als Ersatz für meine Träume herhalten. Aber eines Tages wurde mein Traum wahr. Wir zogen um, und nun ließ sich auch meine Mutter erweichen, ein Wachhund durfte bei uns einziehen. Natürlich ein Deutscher Schäferhund oder noch besser: ein Polizeihund ! In Wirklichkeit waren die Eltern Polizeihunde, aber was spielte das schon für eine Rolle. Ich war fest davon überzeugt, dieser süße, rabenschwarze Kerl würde der beste Hund der Welt werden. Inzwischen fesselten mich nicht mehr nur Tiergeschichten, sondern Karl May als Old Shatterhand und seine Abenteuer mit Winnetou auf seinem schwarzen Hengst „Iltschi“. So war klar: mein Welpe hieß „Iltschi“, was übersetzt „Wind“ bedeutet. Fast 10 Jahre hat er mich begleitet, ständig hinter den Weibern her, läufige Hündinnen gab es genug in der näheren und weiteren Umgebung, und für jeden Unfug zu haben. Er war schlau. Wenn ich auf der Suche nach ihm („ Du suchst jetzt den Hund! Und komm ja nicht ohne ihn wieder.)auf dem Fahrrad unterwegs war, sprang er rechtzeitig bei seiner Angebeteten über den Zaun und versteckte sich. Und er war manchmal dumm. War denn nicht jeder Schäferhund der geborene Blindenführhund? Warum ließ er mich dann gegen den Laternenpfahl laufen, sobald ich beim Spazierengehen die Augen zu machte? Und ich tat alles für ihn. Fuhr zweimal in der Woche mit dem Fahrrad ans andere Ende von Frohnau um „Hundefleisch“ zu holen. Kochte im Keller für ihn Fleisch, Reis und Nudeln (…nicht in meine Küche mit dem Hundefleisch!), probierte selbst den für ihn gedachten Hundekuchen und holte ihn nachts aus seiner Hütte durchs Fenster in mein Zimmer. Stromerte stundenlang mit ihm durch den Tegeler Forst, ständig auf geheimnisvolle Fährten und Abenteuer versessen.

Als ich mich nach 10 Jahren von ihm trennen musste stand eines fest: sofort musste wieder ein lackschwarzer Schäferhund her, der diese innige Freundschaft mit mir fortsetzte. Nur sollte es diesmal eine Hündin sein, ich hatte keine Lust mehr auf nächtliche Suchaktionen nach einem Hund auf Freiersfüssen. Und diesmal sollte es ein Hund mit einer richtigen Ahnentafel sein. Warum? Nun, jeder sagte mir: „ Was für ein schöner Hund, schade, dass er keine Papiere hat.“

Inzwischen konnte ich nicht nur besser lesen, sondern auch telefonieren und sogar Auto fahren. Ich suchte also im Branchenbuch (so etwas gab es damals noch!) Schäferhundzüchter heraus und telefonierte. Nach einigen Tagen wurde ich immer ungeduldiger: niemand hatte schwarze Welpen. Endlich erreichte ich eine Züchterin, die einen fast schwarzen Hündinnenwelpen abzugeben hatte. Inzwischen war mir alles recht. Hauptsache sie war wenigstens etwas schwarz. Und das war sie, nur mit ein paar hellen Pfötchen.

Die ernsten dunklen Kulleraugen hatten es mir angetan. „Fritzi vom schattigen Apfelbaum“, eine Bernd Lierberg Enkelin, nahm im Sturm den Platz neben „Iltschi“ in meinem Herzen und nachts auf meiner Bettdecke ein.

Nun sollte aber auch alles richtig laufen. Mein erster Besuch einer SV-Ortsgruppe stand an. Schließlich sollte dieser Hund nun auch richtig gehorchen. Sogenannte Erziehungskurse gab es damals noch nicht, hier wurde jeder Hund lt. Prüfungsordnung ausgebildet. Ich traf in der OG Frohnau (damals noch Polizei-Zoll ) auf ein hochmotiviertes Team aus Zuchtwart (Claus Baumann, später Zuchtrichter und Körmeister), Ausbildungswart (Gerhard Robert, mit Dean vom Zerndorfer Land auch dem Ausstellungssektor zugewandt), Schutzdiensthelfer, Fährtenleger, Kantinendamen und nette, hilfsbereite Sportfreunde, die mich so richtig mit dem SV-Virus infizierten. Auch späte Heilung ist bis heute nicht in Sicht.

Kurzum, als meine Fritzi zwei Jahre alt war, hatte ich nicht nur mit ihr die SchH 3-Prüfung abgelegt, sondern am OG-Wettstreit teilgenommen, neben mehreren Schauen in Berlin auf der CACIB den Junghundvizesieger gestellt, in der Schweiz einen dritten Platz belegt und auf der LG-Schau ein Vorzüglich erreicht. Auf der Körung erhielt Fritzi als einzige Hündin die Körklasse 1.

Mein Glück war vollkommen. Und doch war ich überrascht von meinem Zuchtwart zu hören: Damit solltest Du mal einen Wurf machen!

Nun, die Würfel waren gefallen. Schon in meinem ersten Wurf (nach Salto Cellerland, einem Marko Cellerland-Sohn) waren von 7 Hunden 4 angekört, hatten drei die SchH 3, wurden 4 mit Vorzüglich bewertet, eine Hündin ging in die Schweiz und wurde Lawinen- und Sanitätshund, ein Rüde (lackschwarz!!) nahm mehrfach an der Landesgruppenausscheidung teil, ebenso mehrfach am Schleswig-Pokal und dem Universalsiegerwettbewerb. Und Ausstellungsbesuche ohne Ende. Kreuz und quer durch Deutschland, von Schleswig über Ostfriesland, von Helmstedt über Göttingen nach Ostwestfalen bis hinunter in die Schweiz nach Basel und Zürich. Und überall traf man auf die große SV-Familie und hatte soviel zu erzählen. Obligatorisch war natürlich die jährliche Siegerhauptzuchtschau, egal ob in München, Bremen, Hamburg, Essen, Frankfurt oder Düsseldorf, man musste dabei sein. Hier traf man sich, hier war das Mekka der Schäferhundzucht. Manche Freundschaften haben bis heute Bestand, was ja heutzutage doch eher selten ist.

In all den Jahrzehnten mit der Zucht und Ausbildung des Deutschen Schäferhundes gab es Bewährtes und viel Neues, Routine und Aufregendes, Erfolge und Rückschläge. Aber nie hatte ich jemals Zweifel daran, dass der Schäferhund der Hund ist, der mit seinen vielseitigen Talenten, seinem guten Wesen und seinem Charakter, seinem mühelosem Gangwerk und seinem kräftigen, geschmeidigen Körper sowie seinem edlen Gesamteindruck der ideale Hund ist.

Diesem Ideal fühlte ich mich immer verpflichtet. Einen Hund zu züchten, der jedermanns Gefährte werden kann, das Potential aller möglichen Begabungen bewahrt und vor allem bei gutem Wesen für jedermann erziehbar und ausbildbar ist, gefällig im Aussehen sowie gesund und langlebig ist.

Viele unserer Olwenhöfer sind rund um die Welt vertreten. Ob in Indien oder Nord- und Südamerika, Irland, Italien oder Kanada. Manche Besitzer melden sich nach 10 oder 12 Jahren wieder und wollen unbedingt wieder einen „Olwenhöfer“ haben. Dafür scheuen sie auch nicht die weite Anreise, um sich hier „ihren“ neuen Welpen auszusuchen.